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Entangled | A New Generation Harry Potter Fanfiction

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vnterwelt
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Entangled | A New Generation Harry Potter Fanfiction

von vnterwelt am 12.02.2020 03:08

Disclaimer: I don't own Harry Potter or any of its characters.

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„Setzen Sie sich gar nicht erst, Black, wir rücken aus", wurde Cat an diesem Morgen auf dem Revier begrüßt, als sie sich gerade auf ihrem Schreibtischstuhl niederlassen wollte. Sie schaute auf und erblickte Ryan Hardenberg, der aus dem Büro des Chief Inspectors kam, eine graue Ermittlungsakte in der Hand. Seine Miene war gestresst, die Augenbrauen irritiert zusammengezogen.
Cat richtete sich wieder auf, griff nach ihrem Becher Tee und schloss sich ihrem Kollegen an, der schnurstracks auf die Aufzüge zuging. „Was gibt es?"
„Ein Mordfall im Garten des Royal Pavilion", erwiderte Hardenberg und drückte ungeduldig mehrmals auf den Knopf des Lifts.
„Mord?"
Hardenberg presste die Lippen aufeinander und warf ihr einen Blick zu. „Ja, Mord. Angesichts dessen, dass Beckett im Urlaub ist und Isaac und Turner an ihrem eigenen Fall arbeiten, hat Myers beschlossen, dass Sie mich begleiten."
Der Aufzug öffnete die Türen und Cat folgte ihrem Kollegen in die Kabine, der auf den Knopf zum Erdgeschoss drückte. Sie verdaute die Neuigkeit, die Hardenberg ihr eröffnet hatte, mit einem unleserlichen Gesichtsausdruck. Als Detective Constable, dem untersten Dienstrang im Revier, kümmerte sie sich vornehmlich um kleinere Delikte wie Diebstahl, Betrug oder leichte bis mittlere Körperverletzung. Straftaten wie schwere Raubüberfälle oder Mord übernahmen in der Regel Kollegen, die bereits den Rang eines Detective Inspectors erreicht hatten. Doch das Criminal Investigation Department von Brighton war ein kleines Büro und Chief Inspector Myers hatte offenbar Cat als qualifiziert genug erachtet, sich unter der Leitung von Inspector Hardenberg einem Mord zu widmen.

Catherine Black war Britin, sechsundzwanzig Jahre alt und durchschnittlich groß. Sie hatte ihr gesamtes Leben in Brighton verbracht, sich nach dem Schulabschluss als Trainee Detective Constable beim CID beworben und anschließend das zweijährige Programm mit wehenden Fahnen bestanden. Das Department hatte sie mit offenen Armen und einem unbefristeten Vertrag willkommen geheißen. Cat mochte die Arbeit, ihre Kollegen und konnte sich nicht vorstellen, Brighton jemals den Rücken zuzukehren.

Von der Polizeistation zum Royal Pavilion war es nur ein kurzer Fußmarsch. Die Spurensicherung hatte den Fundort bereits großzügig abgesperrt, um neugierige Passanten fernzuhalten. Der warme Sommer lockte viele Touristen an, sodass erstaunlich viele Leute bereits unterwegs waren und sich an das gelb-schwarze Flatterband drängelten.
Hardenberg senkte seine Stimme, als sie nähertraten. „Halten Sie die Augen offen, Black. So mancher Killer mischt sich gerne unter die Gaffer, um die Auswirkungen seiner Tat zu beobachten."
Cat nickte. Hardenberg und sie hoben ihre Marken zu einem Polizeibeamten, der anschließend das Flatterband anhob und beugten sich darunter hindurch. Sie folgten dem Weg, der sich durch den Garten der Brightoner Sehenswürdigkeit schlängelte. Das Erste, was Cat von der Leiche sah, waren ein Paar schuhbekleidete Füße. Dann folgten die Beine, der Rumpf und zuletzt der Kopf. Der Mann musste vierzig oder fünfzig sein, das Haar und der Bart leicht angegraut. Er wirkte recht normal, abgesehen von seiner Kleidung. Statt Hosen oder Jeans und einem Shirt trug er eine Art Robe, die ihm bis zu den Füßen reichte, hätte er gestanden. Sie erinnerten Cat an eine längere Version des Sherwani, das traditionelle indische Gewand für Männer. Der Stoff war edel, hochwertig verarbeitet und nachtblau.
Doch mehr als seine Kleidung irritierte Cat, dass sie kein Blut sah. Sie hatte eine Blutlache erwartet, vielleicht eine Stich- oder Schusswunde, aber nichts dergleichen war zu sehen. Stirnrunzelnd ging sie um die Leiche herum, darauf bedacht, keine Spuren zu verwischen.
„Morgen, Sanders", begrüßte Hardenberg den Gerichtsmediziner, der neben der Leiche hockte und sich auf einem Klemmbrett Notizen machte.
„Hardenberg", erwiderte der Mann und schaute dann zu Cat an. „Und..."
„DC Catherine Black", half sie ihm freundlich aus.
Der Gerichtsmediziner lächelte und wandte sich dann an Hardenberg. „Nur ein Constable? Herrje, das CID geht vor die Hunde." Doch sein Tonfall war scherzend, sodass Cat es ihm nicht übelnahm. „Nun, DC Black, entweder haben Sie einen starken Magen oder das ist nicht Ihre erste Leiche."
Cat schüttelte den Kopf. „Vor ein paar Monaten wurde ich zu einem Einbruch gerufen, der schief gelaufen ist. Der Dieb war zwar 75.000 Pfund reicher, aber auch tot."
„Ahh", erwiderte Sanders und nickte dann zu dem Mann zu seinen Füßen. „Er hier auch. Seit ungefähr fünf bis sechs Stunden."
Hardenberg stellte die Frage, die Cat schon länger durch den Kopf geisterte. „Woher wissen wir, dass es Mord war? Sieht für mich eher nach einem Herzinfarkt aus."
Der Gerichtsmediziner lächelte schief. „Ganz einfach." Er gab ihm einen weißen Zettel, den Hardenberg mit einem Taschentuch entgegennahm.
„Ich werde der Erste von vielen sein. Auroren, findet mich, bevor die Muggel es tun.", las Hardenberg vor und zog die Augenbrauen zusammen. „Auroren? Muggel? Was soll das heißen?"
Sanders grinste. „Das, mein lieber Inspector, ist dein Job." Er erhob sich und streifte sich die Plastikhandschuhe von den Händen, bevor er seinen Kollegen winkte. „Ich kann dir heute Nachmittag einen ersten Bericht zukommen lassen."
Hardenberg nickte. „Noch irgendein anderer Hinweis?"
„Leider nein. Keine Fußabdrücke, keine weggeworfenen Kippen, kein benutztes Taschentuch. Wir wissen noch nicht einmal, wer es ist."
„Kein Ausweis?"
Sanders nickte. „Kein Ausweis, kein Führerschein, nicht mal ein Portemonnaie. Vielleicht bringt die Datenbank etwas, aber das kann ich dir erst heute Nachmittag sagen."
Hardenberg seufzte. Viel hatten sie nicht gerade erfahren. „Also gut. Black, folgen Sie den Jungs der Spurensicherung, tun Sie so, als würden sie mit einem der Beamten an der Sperre reden und beobachten Sie die Gaffer. Vielleicht haben wir Glück. Ich schaue mal, ob der Palast brauchbares Videomaterial hat."
Cat nickte und beobachtete, wie die Spurensicherung die Leiche in einen Plastiksack hoben und auf einer Bahre in Richtung Parkausgang fuhren. Sie folgte ihnen und gesellte sich dann zum Beamten, der das Flatterband bewachte. Ihre dunklen Augen glitten über die kleine Menschenansammlung. Niemand kam ihr verdächtig im klassischen Sinne vor – niemand hatte einen fiesen Gesichtsausdruck, eine hässliche Narbe oder eiskalte Augen – doch Cat hatte schnell gelernt, dass Verbrecher auch ziemlich unschuldig aussehen konnten. Die meisten schienen normale Leute zu sein, doch Cat versuchte, sich dennoch jedes Gesicht zu merken. Selbst wenn sie nicht alle behalten würde, könnte sie womöglich dennoch später jemanden wiedererkennen.
Ihre Konzentration wurde von einem lauten, herzlichen Lachen unterbrochen. Ihre Augen schnappten zu einem jungen Mann, der in zweiter, dritter Reihe stand. Er lachte mit dem gesamten Körper, ein wenig nach vorne gekrümmt und schaute amüsiert zu seiner Begleitung, einem Rothaarigen mit vielen Sommersprossen, auf. Cat beobachtete, wie er sich langsam beruhigte, wenngleich das Grinsen seine Lippen niemals verließ. Mit einer lässigen Bewegung strich er sich die dunkelbraunen Haare aus der Stirn. Dann schaute er auf und erwischte Cat in ihrem Starren. Selbst mit einigen Metern Abstand zwischen ihnen konnte sie den Schalk in seinen Augen sehen. Sein Mund verzog sich zu einem Schmunzeln, dann zwinkerte er ihr zu und wandte sich ab. Sein Freund folgte ihm.
Kopfschüttelnd versuchte Cat, sich wieder auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Der junge Mann war nicht der einzige Neugierige gewesen. Ihre Augen schweiften über die anderen Männer und Frauen, die ihre Hälse sensationsgierig reckten, doch niemand anderes stach ihr ins Auge. Es gab eine Familie, die vermutlich die Gelegenheit nutzte, ihren beiden Kindern die Arbeit der Polizei zu erklären; ein paar Arbeitnehmer, die auf dem Weg zur Arbeit waren; und ein paar andere Gestalten, die vielleicht einfach nur Touristen oder zufällig vorbeigekommen waren. Nach ein paar Minuten wandte Cat sich ab und machte sich auf die Suche nach Hardenberg.

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Hardenberg hatte die Überwachungskameras des Royal Pavilions besorgt und Cat stand eine lange Nacht bevor. Keine der Kameras war auf den Tatort ausgerichtet, aber vielleicht würde man das Opfer kommen sehen, sodass man zumindest den genauen Zeitpunkt des Mords bestimmen konnte. Vielleicht bekamen sie sogar einen Blick auf den Täter, denn vermutlich tummelten sich nicht viele Menschen nachts um zwei im Garten des Palasts. Gerichtsmediziner Ian Sanders hatte den Zeitpunkt des Todes auf zwei bis halb drei eingrenzen können, doch die Todesursache war immer noch unbekannt. Er könnte auch vergiftet worden sein, hatte er erklärt, aber das zeigen die Bluttests erst morgen. Eigentlich gibt es keinen Grund warum der Mann tot auf meinem Tisch liegt. Das Herz sieht gesund aus, keine Arterien sind geplatzt und ich kann keine Anzeichen eines Anfalls oder Infarkts feststellen. Man hatte dem Gerichtsmediziner ansehen können, dass er genauso irritiert wie Hardenberg war.
Dem Inspector gefiel es nicht, so wenige Hinweise zu haben. Alles was sie hatten, war ein Tatort, einen ungefähren Tatzeitpunkt, eine Leiche ohne Identität und eine seltsame Notiz. Hardenberg hatte die IT-Spezialisten auf die Worte Auror und Muggel angesetzt, aber die Computer hatten nichts über die Worte ausgespuckt. Es war, als ob sie gar nicht existierten. Genauso wie unser Opfer, hatte Hardenberg gegrummelt und Cat grummelnd befohlen, die Videobänder doppelt und dreifach zu checken.
Seufzend machte Cat sich an das erste Band. Es zeigte den Eingang des Gartens von der North Street aus. Zunächst kontrollierte sie den Zeitraum von halb zwei bis drei Uhr nachts, dann die restlichen Stunden des Abends. Einige Männer betraten den Garten im Zeitraum von 18 bis 22 Uhr, aber niemand mit solch auffällig bizarrer Kleidung. Cat markierte dennoch die Minuten, sobald jemand den Park betrat, und machte sich kurze Notizen zur Person – Frau, ca. 30 J., helles Shirt, Jeans oder Mann, ca. 65 J., graues Hemd, dunkle Hose – falls sie später noch einmal alles durchgehen mussten. Doch ihr namenloses Opfer tauchte nicht am Eingang der North Street auf.
Als Nächstes probierte sie es mit den Bändern der Kamera vom Haupteingang zum Royal Pavilion. Inzwischen war es halb sieben, doch Cat erwartete nicht, nach Hause gehen zu können, wenn auch noch Hardenberg an seinem Schreibtisch saß und die Akten wälzte. Andererseits war es nicht so, dass Cat Zuhause erwartet wurde. Ihr Schichtdienst ließ kaum Möglichkeiten für ein Haustier und in einer Beziehung war sie auch nicht. Sie hatte eine Mitbewohnerin, Eliza, welche allerdings längst an Cats lange Stunden auf dem Revier gewohnt war. Cat ließ den Computer eine Stunde später auch dieses Band wieder ausspucken.
Sie ging auch die Bänder vom Eingang bei Marlborough Place und ein Band von der Rückseite des Palasts durch, doch der Mann in den bizarren Gewändern war nicht aufzufinden. Cat fuhr sich über die angestrengten Augen. Das Opfer konnte schließlich nicht aus der Luft materialisiert sein. Es war möglich, dass der Mann den Garten bereits vor 18 Uhr betreten hatte, aber wer verbrachte acht Stunden in einer öffentlichen Parkanlage? Womöglich war er auch den Kameras einfach entgangen (nicht alle Bereiche waren videoüberwacht), aber das wäre ein ziemlich großer Zufall.
„Nichts gefunden, Black?", fragte Hardenberg von seinem Schreibtisch aus.
Cat schüttelte den Kopf und seufzte. „Nichts. Wir haben jetzt eine lange Liste von Personen, die den Garten seit 18 Uhr betreten und wieder verlassen haben, aber unser Opfer ist nicht dabei."
„Na gut", erwiderte Hardenberg und fuhr sich durch das grau melierte Haar. „Gehen Sie nach Hause, Black. Wir treffen uns morgen am Royal Pavilion und befragen die Mitarbeiter. Vielleicht kennt doch jemand unsere ominöse Leiche."
Cat nickte und packte ihre Sachen zusammen. Sie war froh nach den langen Stunden auf dem Schreibtischstuhl sich bewegen zu können. „Bis morgen", verabschiedete sie sich.
Hardenberg hob eine Hand zum Gruß.

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Eine halbe Stunde vor Öffnung der Sehenswürdigkeit trafen Cat und Hardenberg sich am Haupteingang, zeigten ihre Marken und wurden vom Leiter des Museums durch das Gebäude geführt. Er hatte den Mann nicht erkannt und offenbar tat es auch keiner seiner Mitarbeiter. Cat hatte sich allerdings auch keine großen Hoffnungen gemacht. Hardenberg und sie kehrten fruchtlos zum Polizeirevier zurück. Cat machte sich einen Tee, während ihr Kollege zu DCI Myers ging. Sanders würde heute Nachmittag mit den Bluttests kommen, aber abgesehen davon hatten sie keine anderen Informationen, die ihnen vielleicht noch weiterhalfen. Nicht ohne Namen der für die Leichte.
Samuel Webster stand in der Teeküche, kochte heißes Wasser und holte sich gerade eine Tasse aus dem Hängeschrank. Er war wie Cat ein Detective Constable und erst seit einem Jahr im Team. Zu Begrüßung lächelte er und brachte eine zweite Tasse hervor. „Du auch?"
Cat nickte dankbar. „Ja, danke."
„Mord, huh?", sagte Sam und lehnte sich gegen die Arbeitsplatte. „Spannend?"
Sie verzog das Gesicht und zuckte mit den Schultern. „Wir haben eine Leiche ohne Namen, keine Todesursache und keine verwendbaren Überwachungsbänder. Ergo kein Motiv, keine Verdächtigen, nichts. Das Ganze ist ein Rätsel."
Sam lächelte gequält. „Oh je."
Cat machte ein zustimmendes Geräusch und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Wenn Myers beschloss, dass sie sich die Bänder auch für die anderen Uhrzeiten vornehmen sollte, hatte sie einen weiteren langweiligen Tag vor sich.
Das Wasser blubberte und Sam hob den Kocher, um den Tee aufzugießen. Er goss ihnen beiden ein wenig Milch dazu und reichte Cat eine der Tassen. „Ihr findet bestimmt bald etwas."
„Hoffentlich", seufzte Cat und dankte dem jungen Mann.
Hardenberg war noch nicht zurück aus Myers' Büro, deshalb setzte Cat sich auf ihren Platz und ging die elektronische Akte zum Fall noch einmal durch. Sie erwartete nicht, irgendetwas zu finden, aber fand wenig Begeisterung dafür, sich einem anderen Fall zuzuwenden. Doch der Ordner bestand aus nur einer Handvoll Dateien und sie hatte sich schnell durchgeklickt. Cat nippte an ihrem Tee und ging in Gedanken die Schaulustigen durch, die sich gestern versammelt hatten. Doch abgesehen von dem viel zu amüsierten Dunkelhaarigen war ihr keiner ausdrücklich aufgefallen.
Hardenberg trat aus dem Büro des DCI und an ihren Schreibtisch. „Sanders lässt uns die Ergebnisse des Bluttests und seinen abschließenden Bericht heute Nachmittag zukommen, aber abgesehen davon, haben wir nichts. Ich habe das Foto des Opfers an die anderen Reviere geschickt, vielleicht erkennt ihn jemand. Vielleicht könnten Sie es auch der Obdachlosenhilfe und den Kirchen zukommen lassen, möglicherweise ist er dort irgendwo mal aufgetaucht. Ansonsten bleibt uns nicht viel anderes übrig, als in der Umgebung nochmal nach anderen Überwachungskameras zu checken, vom Verkehr, Geldautomaten, Ladeneingängen, ..."
„Alles klar. Soll ich heute Nachmittag rumgehen?"
„Machen Sie das, aber warten Sie noch Sanders' Bericht ab. Vielleicht kommt doch etwas Spannendes bei raus", antwortete Hardenberg.
Cat nickte.

Doch weder Bericht des Gerichtsmediziners noch die Bluttests brachten neuen Erkenntnisse. Das Opfer war ein fünfundvierzig- bis fünfzig-jähriger Mann, weiß und bei bester Gesundheit, abgesehen davon, dass er tot war. Laut Sanders hatte der Typ nicht einmal Asthma. Cat verließ daher das Revier vorzeitig und machte sich auf die Suche nach weiteren Überwachungskameras. Sie fand ein paar Geldautomaten in der Nähe, die vielleicht etwas aufgenommen haben konnten und notierte sich die kennzeichnenden Nummern, um bei den Betreibern die Bänder einzufordern. Verkehrskameras gab es keine, dafür aber ein paar kleine Läden und einen Kiosk, die ihre Eingänge videoüberwacht hatten. Cat zeigte ihre Marke und bekam die Videobänder gleich morgen früh versprochen.
Als sie anschließend nach Hause kam, begrüßte Eliza sie aus dem Badezimmer. Musik schallte aus der Anlage und Cat hob die Augenbrauen.
„Saoirse hat Geburtstag", erklärte Eliza und tuschte ihre Wimpern. „Du solltest mit uns kommen. Wann warst du das letzte Mal aus?"
„Letzte Woche Freitag."
Eliza warf ihr einen irritierten Blick zu. „Die zwei Bier, die du mit uns hattest? Das zählt nicht."
Cat schnaubte. „Nur weil du einen Job hast, der dich ausschlafen lässt, heißt das nicht, dass auch der Rest der Bevölkerung das kann."
„Tsk", tadelte ihre Mitbewohnerin und wandte sich wieder dem Spiegel zu. „Du solltest trotzdem kommen."
„Und Saoirse hätte nichts dagegen? Was macht ihr?", wollte Cat wissen, während sie ihren Pferdeschwanz löste und sich durch die Haare fuhr.
„Ach quatsch. Wir gehen ins Crowns und an den Tisch passt bestimmt noch eine Person."
Cat zuckte mit den Schultern. „Na gut. Wenn ich schon einmal früher Schluss habe, sollte ich das nutzen."
Sie ging in ihr Zimmer, um ihre dunkle Jeans und die dünne Bluse gegen eine andere Jeans und ein Seidentop zu tauschen. Im Badezimmer gesellte sie sich zu Eliza an das zweite Waschbecken und wusch das Gesicht, bevor sie selbst ein wenig Wimperntusche und Lippenstift auftrug. Ins Büro ging sie meist ungeschminkt, denn sie blieb morgens lieber fünfzehn Minuten länger liegen, als sich um Make-up zu kümmern. Während Eliza sich umzog, verschlang Cat noch ein Sandwich, um nicht auf leeren Magen zu trinken.
„Fertig?", fragte ihre Mitbewohnerin und schnappte sich ihre Haustürschlüssel.
Cat nickte und schlüpfte in ihre Schuhe.
Eliza und sie gingen per Fuß zur Bar, wo Saoirse und ein paar andere Mädchen in einer gemütlichen Ecke saßen und sie freudig begrüßten. Offenbar hatten sie die erste Runde Cocktails verpasst, obwohl der Abend noch jung war.
„Happy Birthday", beglückwünschte Cat die Irin und drückte ihr die Schulter.
„Danke", erwiderte Saoirse und grinste. „Konntest du dich also von deinem heißen Detective loseisen."
Cat stöhnte. Sie hatte den Fehler gemacht, zu einem Barabend mit den Kollegen Eliza mitzubringen und seitdem erzählte sie überall herum, wie gut Sam aussah und dass sie nichts dagegen hätte, von ihm in Handschellen gelegt zu werden. „Er ist ganz sicher nicht mein heißer Detective."
„Aber trotzdem heiß", warf Eliza ein.
„Ja, und vier Jahre jünger als wir", entgegnete Cat trocken.
Eliza zuckte mit den Schultern und schlürfte an ihrem Cocktail.

Gegen Mitternacht beschloss Cat, den Heimweg anzutreten, bevor sie den Fehler machte, noch ein Bier zu bestellen und morgen über den Videobändern einschlief. Eliza – ihr dritter Cocktail beinahe leer – beschloss, noch ein wenig zu bleiben und nachzukommen. Cat verabschiedete sich von der feiernden Runde und trat aus der Bar nach draußen. Warmer Wind brachte eine frische Seebrise mit sich und Cat konnte das Salz des Ozeans riechen. Sie folgte der Straße in Richtung Seven Dials, bog dann aber nach rechts auf die North Street ab. Eigentlich hätte sie weiter geradeaus gemusst, aber ein Bauchgefühl nagte an ihrem Inneren.
Sie folgte der Straße und begegnete anderen Nachteulen und Partygängern, die von Bar zu Bar zogen oder nach Hause gingen. Ihre Füße trugen sie wie von selbst zum Garten des Royal Pavilion. Der Fall ließ sie nicht los – eine Leiche ohne Namen, keine Todesursache, keine Mordwaffe. Stirnrunzelnd betrat sie die Parkanlage und ging den Weg entlang zum Tatort.
Nur war sie nicht allein.
Dort befand schon jemand. In der Dunkelheit konnte sie eine Gestalt einer Person ausmachen, die fast genau an der Stelle hockte, wo das Opfer gelegen hatte. Cat blieb abrupt stehen und beobachtete die Person für einen Augenblick. Sie war sich inzwischen sicher, dass es ein Mann war, seine Schultern breit und muskulös. Er murmelte leise vor sich hin.
Cat trat vor und wünschte, sie hätte ihre Waffe dabei, dann würde eine Drohung viel wirkungsvoller sein. „Halt, Polizei!"
Der Mann sprang auf und wandte sich zu ihr um. Das fahle Mondlicht erhellte seine Gesichtszüge und Cat schnappte nach Luft. Es war der Dunkelhaarige von hinter der Absperrung, der so amüsiert gelacht hatte. War er der Täter? Kam er nicht nur einmal, sondern zweimal an den Tatort zurück? Cat blieb keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, denn er wich zunächst langsam, dann immer schneller zurück, bis er sich schließlich umdrehte und zu rennen begann.
Fluchend hechtete Cat ihm hinterher, hinaus aus dem Garten und auf die Straße. „Bleiben Sie stehen! Polizei! Halt!"
Doch der junge Mann hatte einen Vorsprung von zwanzig Metern und konnte sie auf der Old Steine abhängen, indem er zwischen zwei fahrenden Autos hindurchsprintete und Cat ihr Leben nicht riskieren wollte. Außer Atem beugte sie sich vor und stützte sich auf ihre Knie. Sie ärgerte über seine erfolgreiche Flucht, aber zumindest kannte sie sein Gesicht. Wenn schon niemand das Opfer kannte, vielleicht dann den Täter.

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Am nächsten Morgen berichtete Cat Hardenberg von dem Vorfall und ging anschließend zum Phantombildzeichner des Reviers. Sie beschrieb ihm das Gesicht des Manns, sein dunkles, unordentliches Haar, seine lange gerade Nase, seine geschwungenen Lippen und seinen kantigen Kiefer. Das Portrait wurde mit den Dates seines Körperbaus vervollständigt (180-190cm, 80kg, muskulös) und dann an die anderen Reviere geschickt. Cat kehrte mit einer Kopie zu Hardenberg zurück und hing das Bild an die Pinnwand. Der Inspector betrachtete das Gesicht, doch in seinen Augen lag kein Erkennen.
„Immerhin", brummte er und nippte an seinem Tee. „Schicken Sie mir ein paar der Videobänder; ich will den Großteil vor dem Wochenende durchgesehen haben. Von den Kirchen und sozialen Organisation hat sich noch niemand gemeldet, oder?"
Cat schüttelte den Kopf. „Vielleicht im Laufe des Vormittags, aber wahrscheinlich bekommen wir erst am Montag Antworten."
Hardenberg seufzte.
Von ihrem Computer aus schickte Cat ihm einen Teil der Videodateien und begann dann erneut die langweilige Arbeit des Sichtens. Sie war froh, für ihre Mittagspause das Büro zu verlassen und sich ein paar Frühlingsrollen beim asiatischen Imbiss zu kaufen. Der sonnige Tag war eigentlich viel zu schön, um ihn vor dem Bildschirm zu verbringen, aber leider hatten Mordfälle Priorität beim CID. Doch leider zeigten auch die Bänder der Läden und Geldautomaten weder das Opfer noch den jungen Mann, den Cat nun zweimal am Tatort gesehen hatte. Jetzt, wo sie wussten, nach wem sie suchten, ging sie auch noch einmal die Notizen durch, die sie sich beim Sichten der Videobänder des Royal Pavilions gemacht hatte, und tatsächlich hatte sie einige junge, dunkelhaarige Männer niedergeschrieben, doch wann immer sie sich die Minuten nochmals ansahen, war es jemand anderes.
Cat wurde immer frustrierter und massierte sich die Schläfen. Hardenberg telefonierte mit ein paar anderen Polizeistationen, um nochmal auf das Phantombild hinzuweisen, doch wie auch schon beim Opfer wollte niemand den Dunkelhaarigen erkennen. Dafür organisierte er ein Paar Beamte, die den Tatort diese Nacht bewachen sollten. Cat allerdings glaubte nicht daran, dass der Unbekannte so dämlich war, noch einmal beim Tatort aufzutauchen.

Hardenberg entließ sie am Nachmittag und erleichtert packte Cat ihre Sachen zusammen. Die Sonne schien immer noch und wenn sie sich ein bisschen beeilte, würde sie noch ein paar warme Stunden am Strand haben. Sie wünschte ihren Kollegen ein schönes Wochenende und eilte nach Hause. Cat streifte ihre Arbeitsklamotten vom Körper, schlüpfte in einen Bikini, Jeans-Shorts und ein Shirt, griff ihre Strandtasche und verließ die Wohnung gut gelaunt in Richtung Strand.
Die erste halbe Stunde döste sie nur in der Sonne, anschließend holte sie ihr Buch aus der Tasche und begann zu lesen. Ihre Gedanken wanderten von der Realität in die Fantasiewelt des Romans. Cat spürte, wie ihre Muskeln sich nach und nach entspannten und genoss die warmen Strahlen auf ihrer Haut. Die meisten Leute beschwerten sich über den ständigen Regen Englands und vergaßen dabei oftmals, die Sonnenstunden zu wertzuschätzen. Cat, die schon als Kind gerne an den Strand gegangen war, machte diesen Fehler nicht. Sie liebte den Sommer, das erfrischend kühle Meer und die perfekte Jahreszeit für Eiscreme.
Ihr Handy klingelte. Cat zog es aus der Tasche und warf einen Blick auf das Display. Hardenberg. Hastig nahm sie das Gespräch an und hob das Handy an ihr Ohr. „Ja?"
„Wir haben Ihren Unbekannten", begrüßte der Inspector sie ohne Umschweife. „Zumindest sieht er genauso aus wie Ihr Phantombild. Wie schnell können sie hier sein?"
Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „In einer Dreiviertelstunde bin ich da."
„Gut. Bis gleich."
Cat packte eilig ihre Sachen zusammen und hastete nach Hause, wo sie ihr Strandoutfit wieder gegen eine Jeans und eine Bluse tauschte. Handtuch und Sandalen tauschte sie gegen Marke und Converse und verließ dann die Wohnung. Auf dem Weg zum Revier überlegte sie, wie es dazu gekommen war, dass der Dunkelhaarige sich jetzt dort befand. Als sie ankam, war ihre Unterlippe geschwollen von ihren Bissen.

„Black", begrüßte Hardenberg sie, als sie aus dem Aufzug trat und winkte sie zu sich. Zum ersten Mal seit dem Auffinden der Leiche schienen seine Augen Zufriedenheit zu zeigen.
„Wie haben Sie ihn gefunden?", fragte Cat, ein wenig Aufregung in ihrer Stimme.
Hardenberg ging voran in Richtung Vernehmungsräume. Cat folgte ihm. „Die Beamten am Royal Pavilion haben ihn zusammen mit einem anderen Mann an den Eingangstoren aufgegriffen. Anscheinend war er dumm genug, ein weiteres Mal zum Tatort zurückzukehren." Hardenberg warf ihr einen vielsagenden Blick zu. „Man sollte meinen, die würden nach all den Jahren schlauer werden."
Cat trat neben den Inspector und warf einen Blick durch das verspiegelte Fenster in den Vernehmungsraum. Sie schnappte hörbar nach Luft. Ihre Augen glitten über den dunklen Haarschopf, unordentlich, als wäre er mehrmals mit den Händen hindurch gefahren. Seine Augen starrten unentwegt auf den Tisch vor sich. „Das ist er."
„Gut. Dann wollen wir doch mal sehen, was er zu sagen hat." Hardenberg öffnete die Tür der Zelle und ließ Cat vor sich eintreten.
Die Augen des Dunkelhaarigen schnappten zu ihr hoch und folgten ihren Bewegungen, während sie sich setzte. Hardenberg nahm neben ihr Platz und legte die graue Fallakte vor sich auf den Tisch. Dann faltete er seine Hände darüber und musterte den jungen Mann mit zusammengekniffenen Augen.
„Name?"
Der Unbekannte schwieg und senkte den Blick.
„Ihr Name", wiederholte Hardenberg.
Der Kiefer des Mannes spannte sich an, doch er antwortete nicht.
„Schauen Sie, Kumpel, wir haben Sie dreimal an einem Tatort gesehen. Das macht Sie momentan zu unserem Hauptverdächtigen. Genauso wie ihren rothaarigen Freund."
Cat beobachtete die Reaktion des Dunkelhaarigen. Bei der Erwähnung von seinem Begleiter blitzten seine Augen auf; er hob seinen Kopf. Argwöhnisch wanderte sein Blick von Cat zu Hardenberg. Für einen Moment presste er seine Lippen aufeinander, dann räusperte er sich. „Okay", begann er langsam. „Ich werde reden. Aber lassen Sie meinen Cousin gehen."
„Cousin?", fragte Hardenberg und hob die Augenbrauen.
Der Unbekannte schien nicht besorgt über seinen Versprecher. „Lassen Sie ihn gehen und ich sage ihnen alles, was ich weiß."
„Das könnte gar nichts sein."
„Oder alles."
Cat sah, wie Hardenberg über das Angebot nachdachte. Dem Inspector gefiel es nicht, dass der Dunkelhaarige so unerschüttert und gefasst wirkte. „Na gut. Aber wenn uns nicht gefällt, was Sie für uns haben, ist er schneller zurück in einer Zelle, als Sie schauen können."
Der Unbekannte nickte. „Und ich möchte mir ihr sprechen." Er deutete mit dem Kinn zu Cat. „Allein."
Hardenberg war zu erfahren, um eine Reaktion zu zeigen, aber Cat wusste, dass er am liebsten mit den Zähnen geknirscht hätte, wie er es oft tat, wenn es nicht nach seiner Pfeife ging. „Warum?"
Der Dunkelhaarige sagte nichts.
„Also gut", erwiderte Hardenberg und schob die Fallakte Cat zu. Sie war nicht überrascht, dass der Inspector zugestimmt hatte. Er konnte sich schließlich einfach hinter das verspiegelte Fenster stellen und von dort aus zusehen und zuhören. Hardenberg erhob sich und warf Cat einen kurzen Blick zu, bevor er den Raum verließ.
Cat beobachtete den Unbekannten, der dem Inspector hinterherschaute und dann langsam seinen Blick wieder ihr zuwandte. Ungläubig erkannte sie, wie ein Lächeln seine Lippen umspielte. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Ich habe ihn nicht getötet."
„Aber Sie wissen, wer es war", erwiderte Cat, ohne den Augenkontakt zu unterbrechen.
„Nicht direkt." Der junge Mann fuhr sich mit einer Hand durch das Haar und zeigte damit zum ersten Mal Anzeichen von Nervosität oder Unruhe. „Ich habe eine Vermutung."
Cat machte eine Handbewegung, dass er fortfahren sollte, doch der Dunkelhaarige schüttelte den Kopf und presste die Lippen aufeinander. „Warum fangen wir nicht mit etwas Einfachem an?", versuchte Cat es mit einer anderen Methode. „Ihrem Namen, zum Beispiel."
„Sie werden ihn ohnehin bald vergessen haben", erwiderte er schulterzuckend.
Sie hob die Augenbrauen.
Der Unbekannte lächelte schief. „James Potter."

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