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rotweinpoesie.

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ChernobylParty
Gelöschter Benutzer

rotweinpoesie.

von ChernobylParty am 19.07.2019 19:38

Bonjour, meine Lieben.

Ab und an finde ich mich wieder mit einer Flasche Rotwein an meinem Rechner mit Kopfhoerern auf, um alles um mich herum auszublenden. Sanfte Melodien erfuellen mich, waehrend meine Finger eins mit meiner Tastatur werden. - Rotweinpoesie. So nenne ich die Worte, die auf meinem hellleuchtenden Bildschirm zu erkennen sind. Es sind meine Gedanken, formuliert in Saetzen, die fuer manch anderen keinen Sinn ergeben moechten. Es ist das reinste Chaos, das keinen wirklichen Zusammenhang findet, und doch fuer den ein oder anderen einen Haufen Emotionen weckt. Ich werde mir diesen Thread hernehmen und euch an meinen Gedanken teilhaben lassen, - dringt ein in den Irrgarten meiner Selbst.

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ChernobylParty
Gelöschter Benutzer

Re: rotweinpoesie.

von ChernobylParty am 19.07.2019 19:39

attered memories.
(keine korrektur gelesen, verzeihung)sh

 

Seine aufgeplatzten Lippen legten sich um seine Zigarette, als er genuesslich an dieser zog. Seine Augen wanderten dem Rauch hinterher, der sich in die Luft erhob und beinahe majestaetisch kraeuselte. Die heiße Glut der Zigarette fiel in den Aschenbecher, der bereits mit kalter Asche gefuellt war. Nur einige Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch die zugezogenen Vorhaenge und erhellten den verdreckten Holztisch, an welchem er saß. Es war ein Schauspiel, das der Zigarettenrauch ihm bot, als dieser sich in abstrakte Formen durch das Zimmer wand. In seiner rechten Hand hielt er sein Glas, das mit Whisky gefuellt war, welches er auf dem Tisch drehte. Durch das einfallende Licht bemalte er den Tisch rotbraun. Er schloss seine Augen, nippte gedankenversunken an seinem Glas, waehrend er mit seinem Daumennagel am Ende des Filters der Zigarette kratzte, die langsam auszugehen drohte, falls er nicht bald wieder an ihr ziehen wuede.

Er legte die Zigarette erneut an seine rauen Lippen, umschloss den Filter und nahm einen weiteren Zug. Seine Augen starrten nach wie vor in die Leere des Raumes. Die Zigarette war bereits bis zum Filter heruntergebrannt, doch die Glut, die ihn an seinem Finger verbrannte, stoerte ihn sichtlich wenig. Mit einer schnellen Handbewegung drueckte er den Rest der Zigarette in seinem Aschenbecher aus und nahm einen weiteren Schluck seines liebsten Whiskys, - die Fluessigkeit brannte in seinem Rachen und bahnte sich ihren Weg in seine Speiseroehre. Es war der letzte Schluck einer ganzen Flasche Whisky, die er in der letzten halbe Stunde in sich geschuettet hatte. Sie wuerde ihm den Mut fuer das Kommende verleihen. Das Glas setzte er mit einem dumpfen Geraeusch auf den Tisch ab. Lange Zeit starrte er auf den Tisch, ohne nur einmal zu blinzeln, - die hereinfallenden Sonnenstrahlen, gepaart mit der Dunkelheit des Zimmers, erweckten eine bedrueckende Atmosphaere.

Er ergriff die Zigarettenschachtel, schuettelte diese kurz, um anschließend festzustellen, dass sie leer war. Er legte sie wieder auf den Tisch und das Feuerzeug auf die Schachtel. Das war der Abschluss, - er wollte schon immer mit dem Rauchen aufhoeren. Heute ist der Tag gekommen. Sein Blick fiel auf die Whiskyflasche, - kein Tropfen war uebrig geblieben. Er blickte wieder starr auf den Tisch. Es gab nichts, womit er das Bevorstehende weiter herauszoegern koennte. Ein mulmiges Gefuehl machte sich in seiner Magengrube breit.

Doch es gab kein Zurueck mehr. Es war schon so weit gekommen. Mit zittrigen Haenden ergriff er die Waffe, die auf seinem Tisch inmitten des Alkohols und der Zigaretten lag; es war eine gewoehnliche Glock 9mm mit neu eingelegtem Magazin. Sein Atem wurde schneller, als sich seine Hand um den Griff des schweren Geräts legte. Beim Aufheben erfuellte ein dumpfes, mechanisches Geraeuch den Raum, als das Gehaeuse der Waffe den Tisch streifte. Mit seiner anderen Hand, die unwillkuerlich zu zittern begann, zog er den Schlitten mit einem Ruck nach hinten. Die erste Kugel des Magazins schob sich in den Lauf. Er ließ den Schlitten wieder nach vorne schnellen, woraufhin er die Waffe entsicherte und langsam in Richtung seiner Schlaefe erhob.

Seine Finger und seine Armen schienen zu verspannen, - er hatte Angst, durch eine ungewollte Muskelanspannung zu frueh abzudruecken. Das wuerden die letzten Sekunden seines Lebens sein. Wie bei einem im Sterben Liegenden schossen auch ihm etliche Gedanken und Erinnerungen vor sein geistiges Auge, bei denen er unweigerlich spuerte, dass eine Patrone das vergleichsweise geringere Uebel sei. Er dachte an alles, das ihm widerfahren ist. Als er sie getroffen hatte. Er dachte an sie und an das, das er mit ihr geteilt hatte. Alles, das sie sich erzaehlt haben. Die Versprechen, die sie sich machten. Und er war dabei, eines zu brechen. Aber auch dachte er an den Schmerz, den er tagtaeglich erleben durfte, - der ihn zu Grunde gingen ließ. Er machte ihn kaputt. Jeden Tag ging er etwas mehr auf einen Abgrund zu; war unaufhaltsam. Er hatte so viele schlaflose Naechte erleben muessen, in denen er nur da gelegen war und seine Gedanken ihn quaelten, bis er zu Weinen begann, - jede Nacht, immer wieder.

Er wollte immer stark sein. Doch wurde jede kleine Hoffnung, die er sich machte, von jedem zertreten, - wie ein kleines Pflaenzchen, das aus der Erde ragte. Er konnte nicht mehr stark sein, - nicht einmal fuer sie. Ein Blick wanderte auf dutzende Fotos, die ausgebreitet auf dem Tisch lagen. Sie zeigten alle seine Erinnerungen. So viele schoene Momente, fuer die er versucht hat zu leben. Doch sie wurden alle zerstoert, weil er den Schmerz nicht laenger ertragen konnte. Nicht, weil er es nicht mehr wollte, - er konnte nicht mehr. Er war nur ein Mensch, an seine Grenzen getrieben. Wie erstaunlich, was Liebe aus jemanden machen kann. Das schoenste Gefuehl der Welt; doch was nuetzt es, wenn man sie nicht zurueckbekommen kann? Sie wird zu Gift. Einem absolut verehrendem, toedlichen Gift, das er jeden Tag zu sich nahm, nur um dann zuzusehen, wie es sein Herz, seinen Verstand und zum Schluss seine Seele auffrisst; wie brennende Saeure. Seine Augen schlossen sich, als seine Finger sich fester um den Abzug legten. Sein Zittern wurde schneller, seine Gedanken fingen an zu rasen, zerstreuten sich in alle Richtungen, sodass er nicht mehr klar denken konnte.

Ein ohrenbetaeubender Knall erfuellte fuer einen Bruchteil einer Sekunde den verdunkelten Raum, doch der Widerhall schien endlos lange. Der leblose Koerper sackte durch die Wucht zur Seite und hing regungslos im Stuhl. Die Waffe fiel aus seinen toten Fingern mit einem Scheppern zu Boden. Seine Hand schlug direkt daneben auf, gefolgt von einem Schwall Blut, das sich auf dem Boden eine rote, kleine Pfuetze bildete. Aus seinem halboffenen Auge entwich ihm eine einzelne, letzte Traene, die langsam ueber seine Wange zu Boden lief. Zum letzten Mal, - fuer immer.

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serenity

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Beiträge: 143

Re: rotweinpoesie.

von serenity am 19.07.2019 22:14

tragische story - aber wunderschön geschrieben..

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ChernobylParty
Gelöschter Benutzer

Re: rotweinpoesie.

von ChernobylParty am 21.07.2019 23:29

Vielen liebsten Dank! <3
Hier nochmal ein kleiner Ausschnitt aus der Gedankenwelt meinerseits.

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graustufenregenbogen.


Das endlose Himmelszelt, sich ueber das Anwesen erstreckend, das von einem tief gruenen Wald gesaeumt wurde, in einen sanften Farbverlauf von warmen Klaengen durch die untergehende Sonne getaucht.
Die Couleurs reichten von einem eindrucksvollem blutorangenrot bis hin zu einem sanften rosé.

So wuenschte ich es mir.
Stellte es mir vor.
Sehen konnte ich dieses Schauspiel der Natur schon lange nicht mehr.

Trotzdem saß ich jeden Tag auf dem hoelzernen Fensterbrett und richtete meinen Blick gen Himmelsgewoelbe, suchend nach dem Farbenspiel, das er mir sonst immer bot.
Tag fuer Tag.
Jahr fuer Jahr.

Doch stets alles grau.
Fuer immer.

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boneless.

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Re: rotweinpoesie.

von boneless. am 26.07.2019 20:32

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