Diskussionen und Philosophie | Gendern/politisch korrekte Sprache
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Runa
Gelöschter Benutzer
Re: Diskussionen und Philosophie | Gendern/politisch korrekte Sprache
von Runa am 04.10.2021 17:11Da hast du ganz ohne Frage auch Recht. Es gibt genug Leute, die so schon Schwiergkeiten mit der Sprache haben. Auf die sollte man dann natürlich auch Rücksicht nehmen können - auch diejenigen, denen Gendern wichtig ist. Was ich aber als problematisch ansehe sind diejenigen, die sich durch das Gendern diskriminiert fühlen. Das sind nämlich meistens diejenigen. die an dem "normalen" Sprachgebrauch nichts auszusetzen haben und die sich jetzt plötzlich darin "eingeschränkt" sehen. Die würden auch "meckern", wenn man geschlechtsneutrale Begriffe für alles finden würde, denn das wäre ja auch wieder etwas Neues, worauf sie achten müssten. Niemand verlang von Ausländern, Kindern oder Menschen mit Sprachfehlern, dass sie jetzt auf einmal perfekt gendern. Zumindest sollte das niemand. Kann sein, dass das bei mir gerade so klang, aber so war es keinenfalls gemeint. Allerdings gibt es auf beiden Seiten Menschen, deren Sicht sehr eingeschränkt und von selbstzentrierter Natur ist. Deshalb wird man kaum alle glücklich machen können. Ich denke, das ist etwas, was viele noch lernen müssen zu akzeptieren. Aber Akzeptanz wird in dieser Welt ja noch eher kleingeschrieben. Leider.
Re: Diskussionen und Philosophie | Gendern/politisch korrekte Sprache
von tintenfeuer am 04.10.2021 17:39Ich stimme @Runa hier zu 100 Prozent zu. Ich verurteile niemanden, der nicht perfekt gendert, da das für alle ein Lernprozess ist und man sowas schnell mal vergessen knn, grad weil wir es momentan noch nicht gewöhnt sind. Ein Problem habe ich bloß damit, wenn man Veränderungen konsequent und hartnäckig ablehnt ohne zu versuchen, sich in die Situation derjenigen hineinzuversetzen, die sich diskriminiert fühlen. Aber an vielen Stellen mangelt es wie ich fürchte auch einfach an Aufklärung und daran muss man eben arbeiten. Ich finde zum Beispiel, dass es sehr bereichernd wäre, wenn öffentlich genauer die Hintergründe gewisser Maßnahmen beleuchtet werden. Damit es den Menschen leichter fällt, diese nachzuvollziehen und zu akzeptieren. Bei vielen fehlen halt die Berührungspunkte.
Re: Diskussionen und Philosophie | Gendern/politisch korrekte Sprache
von Herr_Nacht am 05.10.2021 17:42Einsehen dürfte nur der erste winzig kleine Tropfen auf einem sehr heißen Stein sein. Man sagt zwar, Erkenntnis sei der Weg zur Besserung, aber dieses Gesetz hat gerade heutzutage nur Berechtigung, wenn es einen persönlich betrifft. Ansonsten können gerade die Menschen in der modernen westlichen welt herzlich inkonsequent und ambivalent sein. Ich möchte nicht wissen, wie viele Urlauber, die ich am Flughafenterminal befrage, wo grad eine Maschine aus Australien gelandet ist, ob sie Klimaschutz gut finden, mir sagen "Ja, wir müssen auf jeden Fall CO2 einsparen, ich bin für Klimaschutz." Oder wie viele Leute können sowohl der Meinung sein, dass viel zu viele Autos auf den Straßen unterwegs sind, und gleichzeitig aber auch mehrmals im Monat beispielsweise Kleidung online kaufen und die Hälfte davon zurückschicken? Oder die Zustände in der Viehzucht bemängeln und nicht mehr Geld an der Fleischtheke bezahlen oder weniger essen wollen? Für Soja sein, aber die Abholzung des Amazonas aufs Schärfste verurteilen.
In puncto Gendern könnte ein Grund sein (und den sehen wir, glaube ich, sogar in den Antworten der vermeintlich weiblichen User hier), dass sich die Betroffenen nicht recht diskriminiert fühlen bzw. dass es für sie nicht so schlimm ist, wenn das eigene Geschlecht sprachlich nicht abgebildet wird.
Stephen King
Runa
Gelöschter Benutzer
Re: Diskussionen und Philosophie | Gendern/politisch korrekte Sprache
von Runa am 06.10.2021 11:59Zumal wenn die Ergebnisse ihrer Forschung unserem Ego wenig schmeicheln. Da kommt etwa heraus, dass vieles von dem, was wir unserem eigenen freien Willen zuschreiben, in Wirklichkeit das Nachplappern uralter Stereotype ist. Dass all das dumme Gender-Getue von uns selbst gemacht ist, dass wir also selbst die Verantwortung dafür tragen, anstatt es auf den lieben Gott oder die Evolution schieben zu können.
Ich denke, im letzten Teil dieser "Behauptung" Schrupps liegt auch die Antwort auf die "Frage" von tintenfeuer:
Die Wissenschaft an sich wird von einem großen Teil der Menschen oft bewusst überhört. Man siehe sich nur einmal die Behauptungen von Coronaleugnern, bzw. Impfgegnern an. Doch wie die Autorin ebenfalls anführt, kann man Krankheiten, Astrologie, etc. den Menschen durch Schaubilder und einfachere, nicht wissenschaftliche Sprache verständlich machen. Bei Gender Studies wiederum ist das nicht so einfach, da es immer sehr auf das individuelle mindset eines Menschens ankommt wie er auf Wissenschaften innerhalb der Gesellschaft reagiert. Ob er es gut oder schlecht findet, wie es in einem gewissen Lebensfeld gerade aussieht. Oder ob ein besonders gläubiger Mensch dazu bereit ist, das "von Gott gegebene" zu überdenken, bzw. dem neue Bedeutung zuzuschreiben. Zumal es auch oft schlichtweg Vorurteile und weit verbreitete Stereotypen sind, welche die Entwicklung einer Gesellschaft stören. Und ich konnte beobachten, dass das Gendern von eher unaufgeklärten Menschen oft mit der LGBTQ+ Community in Verbindung gebracht wird - was natürlich vollkommener Schwachsinn ist. Nichtbinäre Personen werden sich durch das *innen wohl kaum mehr angesprochen fühlen, da das ja wieder impliziert, dass es nur zwei Geschlechter gibt (correct me if i'm wrong). Aber das ist ein anderes Thema. Auch auffällig ist, dass sich viele Männer gegen das Gendern stellen, eben weil sie es als Teil des Feminismus ansehen. Viele sind einfach nicht bereit für Veränderungen in der Gesellschaft, die ihrer eigenen Stellung schaden könnten. Im Gendern sehen einige wohl einen "Sieg des Feminismus" und fühlen sich nun bedroht. Einige wollen einfach nicht, dass Diskriminierung besiegt wird, da es bedeuten würde, dass sie sich ihr Podest mit anderen teilen müssten. Dann wäre es vorbei mit den Privilegien und Vorteilen. Es wird immer Menschen geben, die damit nicht zurecht kommen. Hinter den Kampf gegen Gendern und Bestandteil vieler Männerbewegungen steht und ist also deren Ego. Natürlich gilt das nicht für alle (!), aber für zu viele. Und auch wenn Gendern für viele als kleine Mini-Angelegenheit im Kampf für Gleichberechtigung angesehen wird, gibt es doch genug Menschen, die dem Feminismus 0,0 Zugeständnisse machen wollen, denn "es ist doch gut so, wie es ist."
Re: Diskussionen und Philosophie | Gendern/politisch korrekte Sprache
von Pennywise am 09.10.2021 04:47Zu politisch korrekter Sprache fällt mir direkt ein Thema ein, was erst kürzlich zu Kontroversen geführt hat. Eine Partei hat sich darüber aufgeregt, dass in einem rechtlichen Papier von "gebärendem Elternteil" die Rede war. Ebenso stand der Begriff "Mutterpass" in der Kritik, was die Partei ebenfalls lächerlich gemacht hat. Nun kann man natürlich verstehen, wenn Frauen sich dadurch beleidigt fühlen, als würde man sie zu Geburtsmaschinen degradieren, aber viele haben nicht verstanden, dass hinter der neuen Schreibweise ein Sinn steckt. Denn es gibt auch inzwischen gebärende Männer, nämlich Transmänner. Welcher Mann möchte schon in einem rechtlichen Papier als "Mutter" bezeichnet werden? Ich persönlich finde in diesem Punkt sehr gut, dass die Sprache hierhin gehend inklusiver wird und die Menschen sich dabei auch Gedanken um Minderheiten machen.
Was das gendern angeht, dazu habe ich leider keine grosse Meinung abzugeben. Wenn ich die Möglichkeit habe, jemandem ein besseres Gefühl mit meiner Wortwahl zu geben, warum sollte ich das dann nicht tun? Und nochmal zum Wort Xier zu kommen, leider hatten wir bisher in der deutschen Sprache kein geschlechtsneutrales Pronomen. Im englischen wäre es they/them für nichtbinäre Personen, dafür gab es kein deutsches Äquivalent. Also gibt es nun xier. Ich verstehe leider auch hier nicht, warum so viele Menschen sich darüber lustig machen, es ist nicht nur ein Wort für unsere nichtbinären Mitbürger, es ist wichtig für sie.
When they've got everyone else fooled, but not you, that's when you become enemy number one
Re: Diskussionen und Philosophie | Gendern/politisch korrekte Sprache
von Tauron am 27.11.2021 14:14Politisch korrekte Sprache ist ein Begriff der Diktatur, die weit über das Gendern hinausgeht. Sie erinnert stark an dunkle Zeit/en in denen, z. B., monotheistische Religionen die Herrschaft ausüb(t)en. Ein „falsches" Wort kann/konnte fürchterlische Folgen haben.
Es gab und gibt immer Menschen, die Spaß daran finden Anderen ihren Willen aufzuzwingen und ihnen eine besondere Sprachweise aufzwingen möchten. Am tollsten fänden sie es natürlich, wenn auch die Gedanken kontrolliert werden könnten.
Aber wie heißt es in dem Lied? „Die Gedanken sind frei!" Tja, Scheiße gelaufen.
Wie bei allen diktatorischen Tendenzen gilt auch hier; wehret den Anfängen.
Übrigens: Urbewohner Lapplands, die ich sehr schätze, sind für mich Lappen und nicht Samen. Ureinwohner Amerikas sind Indianer und nicht First Nations.
Was das Gendern angeht: Wie soll Sonne und Mond ausgesprochen/geschrieben werden? Die Sonne ist weiblich, der Mond ist männlich. Im Spanischen ist Luna weiblich. Na und, was soll 's. Es wird sicherlich in Zukunft möglich sein, zumindest für die Eltern, das Geschlecht der Kinder aussuchen zu können (Was das dann für Gegenden wie China bedeutet dürfte klar sein). Zur Zeit bestimmt das der Zufall. Für die, die sich im falschen Körper fühlen eine Schlimme Sache. Gendern hilft ihnen aber nicht, sondern dies ist nur eine oberflächlische Kosmetik.
Bin nun mal auf den, zu erwartenden, Shitstorm der politisch korrekten Fanatiker gespannt. Ist mir aber egal, denn wer nicht für seine Denk- und Redefreiheit einsteht, wird sie verlieren.
Ein Slogan (von Brecht) der sogenanten 68er Generation lautete einst: „Legal, illegal, scheißegal!"
Wie ich spreche und denke bestimme nur ich!
Fanuilos, le linnathon
Immerweiße, zu Dir singen- werde- ich
(von JRR Tolkien)
Re: Diskussionen und Philosophie | Gendern/politisch korrekte Sprache
von VHeather am 27.11.2021 19:29Ich persönlich finde es anstrengend alles "neutral" zu halten oder anzupassen und finde es auch irgendwo traurig, dass man eine Sprache ändern muss, weil sich Leute von einer Sprache -die was weiß ich wie lange sie gesprochen wird- plötzlich in den letzten 15 (?) Jahren sich diskriminiert fühlen. Ganz ehrlich, ich verstehe nicht, wie man von der deutschen Sprache sich diskriminiert fühlen kann. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich als beides identifiziere, denn ich habe sowohl weibliche Züge, als auch männliche. Bin ehrlich, ich werde damit auch nicht anfangen, meine gelernte Sprache umzustellen, wer neutral schreiben will, bitte, aber jeder kann ja wohl so schreiben/sprechen, wie er mag (solange man sich nicht beleidigt), meiner Meinung nach. Heutzutage gibt es immer Menschen, die sich gefühlt von allem diskriminiert fühlen, da fragt man sich manchmal, was man überhaupt noch sagen darf, ohne, dass man -übertrieben gesagt- gesteinigt wird.